Und wir tanzten….

Nur dieses eine Mal noch schenk mir Kraft für einen neuen Tag
Ich stehe nackt und hilflos vor dem Morgen, nie war ich so stark
Nur einen Tag noch Kraft und ich reiß alle Mauern um mich ein
Nur wer sich öffnet für den Schmerz, lässt auch die Liebe mit hinein

ASP – Auszug aus dem Song „Wir tanzten“  aus dem Album „Ungeschickte Liebesbriefe“

Mit diesem kleinen Zitat des Songs „Wir tanzten“ aus dem wundervollen Album „Ungeschickte Liebebriefe“ der Gruppe ASP möchte ich heute etwas zum Tanz auf zwei Hochzeiten erzählen.
Für gewöhnlich nutzen wir im allgemeinen Sprachgebrauch diese Metapher, um ein Phänomen oder eine Verhaltensweise in Worte zu kleiden. Es geht dabei um das Ereignis, wenn sich jemand in zwei oder mehreren ähnlichen oder sogar gleichen Themenbereichen und den dazugehörigen Situationen hervortut und in wahrnehmbarer Weise exponiert. Man sagt dann, er oder sie tanze auf zwei oder eben mehreren Hochzeiten und wir verwenden dann den Sinnspruch „Du kannst nicht auf zwei (oder mehreren) Hochzeiten gleichzeitig tanzen“.
Nun kennen wir aber auch wirklich alle, dass dieses immer wieder geschieht. Sei es, dass wir selbst uns darin versuchen oder versucht haben, oder dass irgendwelche Mitmenschen eben dieses tun. Wir empfinden das für gewöhnlich als nicht gerade angenehm.
Warum ist dem so? Es mag daran liegen, dass wir moralische und gesellschaftlich induzierte Verhaltensweisen in unserem Sozialverhalten codifiziert  haben. Es kann auch sein, dass wir im beruflichen und projektorientierten Umfeld – also mit unserer analytischen Verhaltensregelung – gelernt haben, dass es der Priorisierung, der Konzentration und Fokussierung auf Teilschritte oder sogar Hauptthemen bedarf, um ein komplexes Geschehen zum Ziel zu führen und dass zweimal dasselbe zu tun dem Projekt oder Vorhaben nicht zuträglich ist. Insbesondere dann, wenn wir Leute um uns herum haben, die ihre Kenntnisse und ohne es uns wissen zu lassen, zur selben Zeit an einem anderen Ort und in einem anderen Kontext genauso ausführen, wie wir es in der uns selbst betreffenden Situation wahrnehmen.
Frauen und auch Männer haben in ihrem, der genetischen Vielfalt fröhnenden Verhaltensrepertoire, relativ klar erkennbare Interpretationen zu diesem „Du kannst nicht auf zwei Hochzeiten tanzen“. Doch das ist ein anderes Thema.

Was nun, wenn z. B. eine exponierte Persönlichkeit im öffentlichen Umfeld seit geraumer Zeit drei prioritäre Schwerpunkte für einen regelungstechnisch und projektinhärent umfassenden Themenbereich propagiert und plötzlich einen vierten Schwerpunkt  dazunimmt und angibt, man sei ja prinzipiell offen dafür, ohne sich festlegen zu wollen, doch man führe bereits Gespräche?!
Es gibt da mindestens zwei Interpretationsmöglichkeiten. Die eine ist, dass wir es hier mit einem Fall zu tun haben, der dem o.a. Informationsstrang folgt. Hier möchte jemand auf mehreren Hochzeiten tanzen.
Oder, und das weist fast dieselbe Geschehenswahrscheinlichkeit auf, wir haben es dabei mit einem Ereignis zu tun, das einer personifizierten Phänologie zuzurechnen ist, die heute nicht mehr weiß, was sie gestern noch geschwätzt hat. Ich nenne es das Adenauer-Syndrom. Im medizinischen Sektor wird es auch mit retrogradueller Amnäsie betitelt.
Im speziellen Fall geht es darum, dass führende Entscheidungsträgerschaften im regionalen kommunalen Umfeld vermelden (lassen), dass ein Industrie- und Gewerbegebiet an resp. im direkten Umfeld des Autobahnkreuzes der A2 und der A39 ein den Wirtschaftsstandort voranbringendes Projekt sein müsste. Wir wollen uns jetzt hier nicht darauf konzentrieren, ob das wirklich so ist, also, dass so ein Planungsvorhaben zielführend und bekömmlich für die wirtschaftliche Standortentwicklung ist. Es ist dem natürlich wirklich so, denn unsere oder auch auswärtige Unternehmen benötigen Platz und Raum für ihre Entwicklung. Es ist demnach eine der grundlegenden Daseinsfunktionen von Kommunen, Platz und Raum für Unternehmen zu schaffen. Strittig ist alleine, wo dieses Raumangebot platziert wird.
Wir wollen uns vielmehr hier und jetzt darauf fokussieren, warum jemand plötzlich in der öfffentlichen Diskussion einen vermeintlichen vierten Schwerpunkt in seiner standortentwickelnden  Projektierung proklamiert und gleichzeitig butterweich darauf abhebt, man führe Gespräche ohne Konkretisierungen. Andere aus seinem Politumfeld weisen freundlicherweise noch darauf hin, dass es Parteifreunde ja so und so schon vor Jahren ins Gespräch gebracht hätten. Und wieder andere kaprizieren sich darin, dass ein solches Vorhaben von regionaler, wenn nicht sogar internationaler oder gar intergalaktischer Bedeutung sei und man mit den Klingonen, Trump, Putin und wem sonst noch in engster Abstimmung dazu stehe. Letztere sind nur nettes Beiwerk, also dem Salatblättel ähnelnd, das bei einem lecker zubereiteten Steak mit auf dem Teller liegt, um den vermeintlich frischen Teint des zubereiteten Fleischstücks zu triggern.
Da die die hier handelnde Hauptperson nicht oder nur sehr abgeschwächt auf die eigenen Prioritäten in diesem Themenzusammenhang hinweist, hat er entweder eine Retrograduelle usw. oder er ist jemand, der auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen möchte, dernn es läuft bereits ein Großprojekt, das u.a. die Entwicklung eines riesigen Flächenkomplexes umfasst und das sowohl an der Autobahn wie auch in der BErgbaunachfolge an einem bald geschlossenen Bergbauareal. Zwei Hochzeiten eben.

Ich überlasse es wie immer der werten Leserschaft, sich jetzt zu verhalten, wie es ihr gerade genehm ist. Die einen greifen zwecks Informationsübermittlung zum Handy, die anderen beissen vielleicht in irgendeine bereits zerfaserte Tischkante. Wieder andere knüpfen an dem Strick, um mich klu-kluxiger Behandlungstherapien zu unterziehen. Wieder andere lächeln und erfreuen sich am wunderbaren Sommerwetter.

Letzteres tue ich gerade, denn ich liege hier wie Gott mich schuf oder – nein, besser – wie ich mich gerade körperlich transformiere, in der nachmittäglichen Sonne. Mag sein, dass mir die Sonne zu sehr aufs Hirn oder andere wichtigere Körperregionen gebrannt hat.

Doch eines ist sicher. Du kannst nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen.

In diesem Sinne – seid gesegnet!

 

 

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