Wie kommt es, dass wir so oft angelogen werden?
Sicher fällt es auch Dir auf, dass Lügen und ihre Gespinste zum Alltag gehören. Leider! Oder ganz gefühllos, ja, so ist das!
Besonders nervig ist, wenn Du feststellst, dass Dich z. B. Politker:innen ständig anlügen und einen großen Max markieren, doch ihre Handlungen bleiben meist aus, womit Du wieder einmal angelogen worden bist. Oder Du erlebst es in Deinem gesellschaftlichen Umfeld,also in der Familie,dem Bekanntenkreis, dem Verein, der Partei,auf der Arbeit.
Ihr kennt das alle.
Welch heere Worte, welch´ ein Pathos in der Stimme und der Gestik allenthalben. Oft unterstrichen durch energische Handbewegungen, einen eingeübten Blick, der Zuversicht und Durchsetzungsvermögen signalisieren soll, die ganze Körperhaltung fast schauspielerisch perfekt inszeniert, und dennoch meist nur Lüge. Oder eben die seichte Version, so im Vorbeigehen, beim kurzen Gespräch,nichts besonderes denkst Du, doch wenn Dich die Folgen davon einholen, dann erst merkst Du, wow, was eine Sch…
Nichts als eine schale Zirkusvorstellung.,magst Du dann vielleicht denken, weil es Dich einfach nur ankotzt. Schal und lau, weil es einfach nur gelogen ist, und die dann erkennbaren Handlungen im Kontext eher als übelriechenden Klamauk wahrnimmst und die Situationen sich plötzlich unter einem ganz anderen Licht für Dich darstellen.
Und dann siehst Du dieses perfide Lächeln, hochgezogene Schultern und der oder die Lügende erzählt irgendeinen Stuss und merkelt dann für gewöhnlich an, dass besondere Situationen besonderer Vorkehrungen bedürfen und dass er oder sie sich immer nach Kräften…laber…laber…laber. Es ist einfach ätzend.
Und so steigen wir in meine kleine Geschichte ein.
Ich schreibe das hier und heute, weil ich der Lüge ständig begegne. Und, um die Einleitung hier zu beenden, wir sind im Grund genommen bereits in die Vertiefung gegangen, denn wenn Dir das o.a. so oder ähnlich widerfährt, dann kannst Du mir jetzt bestätigen, dass Flunkereien, Lügen, Diskreditierungen u.ä. insgesamt gesehen eine Klimaänderung, ja vielleicht sogar eine Vergiftung in Deinem direkten Umfeld bewirken. Wir haben demnach bereits ein Charakteristikum des Wesens der Lüge herausgearbeitet. Es ist dies die Vergiftung des Umfelds, in dem sie stattfindet.
Wenn ich persönlich z. B. einige Beiträge von politischen Führungskräften (z. B. gewählten Landräten) höre oder gar Fachleuten des RKI oder gerade ganz aktuell dem amtierenden Gesundheitsminister lausche, dann spüre ich, dass sie mich belügen und das in vielerlei Hinsicht. Und warum weiß ich das? Nun, weil ich mir die Aussagen genau ansehe und nachprüfe, indem ich andere Meinungen anhöre oder weil ich selbst ein Fachmann bin und vielleicht sogar jahrzehntelange Erfahrungen in meinem Beruf aufzuweisen habe. Ichhabe durchaus ein Gespür entwickelt und darum prüfe ich die getätigten Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt.
Aber warum tuen viele Politiker:innen und andere gesellschaftliche Führungskräfte das? Kurz, welches ist das Wesen der Lüge?
Wie und wann entstehen Lügen? Sind sie von Beginn des Kleinkindalters an vorhanden? Oder entwickeln sie sich erst später?
Ihr kennt das sicher auch. Von Kindesbeinen an haben euch die Erwachsenen gepredigt, dass Lügen ganz schlecht ist und dass es immer irgendwann herauskommen wird, dass jemand gelogen hat. Ich persönlich habe noch nie eine andere Aussage gehört. Wohl habe ich diverse Abwandlungen und zusätzliche Erklärungen gehört, doch dass Eltern ihr Kind zum Lügen anstiften oder es bestärken, das noch nie.
Wenn ihr selbst Kinder habt oder euch an eure Kindheit erinnert, dann werdet ihr diese Geschichte kennen. Begeben wir uns einmal ganz naiv in die Situation eines Kindes. Als Kind ist die Welt noch eine ganz andere bzw. nehmt ihr die Umgebung, euren Alltag ganz anders wahr, als es im Heranwachsenenalter oder noch später als Erwachsener der Fall ist. Ihr liebt eure Eltern, eure Großeltern wahrscheinlich bedingungslos, zumindest wenn sie euch ständig lieb haben und euch keinerlei Leid antun. Diese bedingungslose Liebe ist von größter Bedeutung, denn sie ist die Grundlage für den Aufbau von Vertrauen zu den Dich umgebenden Menschen.
Als Kind hast Du jede Menge Fantasie, denn alles um Dich herum ist noch beseelt. Puppen sprechen mit Dir und Du mit ihnen, Du spürst bedrohliche Wesen unter Deinem Bett oder in Schränken, ein Baum wendet sich Dir zu und tröstet Dich, wenn Du traurig bist. Dich umgebende Tiere nehmen Dich ins Rudel auf und Du empfindest eine tiefe Zuneigung, denn sie verstehen Deine Gefühle, ohne dass sie mit Dir reden müssen. Manchmal baust Du auch ganz eigene, fast geheimnisvolle Verbindungen zu Tieren, Bäumen, Bächen, Regen und Wind auf. Das ist die ganz normale Kinderwelt. Wir erinnern uns später immer gerne daran. Doch zu Deinen wichtigsten Bezugspersonen tritt über kurz oder lang auch einmal, oder wenn es schlecht läuft auch häufiger, eine Hürde, ein gefühlter Bezugsverlust in Erscheinung. Sie umsorgen Dich nicht mehr wie Du es gerne hättest,nehmen Dich nicht mehr ständig in die Arme und kuscheln Dich und erzählen Dir schöne Geschichten und geben Dir Essen und Trinken, tun, was Du gerne hast und magst. Nun suchst Du nach Wegen, diese Aufmerksamkeit zu erhöhen. Du erzählst Gesichten und ringst damit um Aufmerksamkeit. Vielleicht erzählst Du auch nur von Deinen Träumen, Deinen Inspirationen, lässt Deiner Fantasie freien Lauf. Du erfindest sehr fantasievolle Geschichten oder nimmst Handlungen vor, die darauf abzielen, diesen Entzug von Aufmerksamkeit und Zuwendung zu kompensieren.
Und nun geschieht einer der Kernmomente, die das Wesen der Lüge m. E. geradezu kennzeichnen und charakterisieren. Kernmomente, weil sie eine bedeutsame Rolle bei der Entstehung von Lügen spielen. Deine Eltern rügen Dich für Deine Geschichten. Und genau dort liegt für mich der Hase im Pfeffer. Du ringst um Aufmerksamkeit und sie bestrafen Dich dafür. Zumindest empfindest Du das so. Du erkennst im Ton, in der Getsik und Haptik, dass Deine Geschichten kritisiert werden in der Art und Weise, dass Sanktionen angedroht werden und eine ethische Darlegung folgt, warum das eine Lüge ist und warum man das seitens Deiner Eltern nicht gutheissen mag.
Was wirst Du wohl tun?
Wirst Du es aufgeben, weil sie Dich gerügt haben? Was, wenn sie Dein Aufmerksamkeitsdefizit nicht aufheben durch mehr Zuwendung und Zuneigung? Was, wenn Du Dich dennoch alleine gelassen fühlst? Kurz, Du bekommst nicht das, was Du Dir erhofft hast oder was Du möchtest und willst. Ich selbst kenne das von mir als ich ein kleines Kind war, nur konnte ich natürlich nicht so darstellen wie jetzt, denn ich war klein und naiv und vor allem aber eines, ich war noch unschuldig. Aber ich erinnere mich sehr genau, dass ich meinen Eltern immer von meinem spannenden Erlebnissen berichten wollte, weil ich mich letztlich nur ihrer Zuwendung vergewissern wollte. Und ich kann mich erinnern, dass ich dazu immer mehr Geschichten erfand.
Ich benutze dieses „kindliche“ Beispiel weil ich denke,l dass diese fantasievollen Geschichten letztlich dazu dienen, Aufmerksamkeit und Zuwendung zu bekommen und dadurch Geborgenheit und Sicherheit zu erfahren von Deinen Bezugspersonen. Sehr häufig wird die Lüge, das Flunkern (oder einfach eine fantasievolle Geschichte) zu einer Art Überlebenswerkzeug für Dich, um mehr Aufmerksamkeit, Lob, Zuwendung u.ä. zu erhalten.
Und hier schliesst sich der Kreis zu politischen Kräften.
Eine Partei hat ihre eigenen Regeln, die strukturinhärente und vor allem -bedingte Verhaltensweisen konditionieren.
Lob, Anerkennung und Unterstützung erhält niemals oder wirklich nur sehr selten derjenige, der kritische Momente erkennt und sie benennt und Lösungsvorschläge unterbreitet. Kritische Momente wie z. B. innerparteiliche Konflikte, gesellschaftliche Herausforderungen, verbale Angriffe der politischen Gegnerschaft, indirekte Angriffe auf die Funktion und immer wieder gerne genommen – Verbreitung von Lügen über bereits schon zuvor gelogene Darlegungen in Wort, Ton und Bild. Das ist in etwa so das Repertoire, dem sich aufstrebende politische Kräfte ausgesetzt sehen.
Und wie nun bekommt diese aufstrebene, junge, politische Kraft mehr Aufmerksamkeit von den ihn Nominierenden, wenn nicht nur ständige nach dem Mund reden .Im Grunde genommen ist es wie bei dem Beispiel mit dem Kind, das ich oben anführte. Wenn Du nicht das tust und sagst, was Dir Liebe, für Deine parteiliche Karriere Notwendige usw. „erwarten“, dann bekommst Du das zu spüren. Man zeigt Dir also mehr oder minder unverhohlen, dass man das von Dir Gesagte nicht in Ordnung findet und in der Folge dessen richtest Du Sich wahrscheinlich daran aus. Du möchtest einfach mehr Aufmerksamkeit, Du möchtest einfach mehr Zustimmung u.ä..
Die Nominierenden, die Eltern, die geschäftliche Hierarchie- und Auswahlebene (u.v.m.) sind mit ihrem Verhalten somit ein ganz wichtiger Faktor bei der Entstehung von „Fantasiegeschichten“. Deren Verhalten hat nämlich sehr viel mit Respekt zu tun.
Schenken sie dem Bewerber, dem Kind, dem Karriere machen Wünschenden Respekt. Darf er oder sie also auch Dinge benennen, die mir als Vater, als Vorgesetztem, als Parteimitglied – was auch immer – widerstreben, weil ich sie gerade nicht interessant finde, oder weil ich eine andere Meinung zum Thema oder einer Leistung habe?
Respekt gegenüber unserem Nächsten ist für mich ein weiteres Kernelement in diesem hier beschriebenen Kontext. Vielleicht darf ich sogar folgendes konstatieren: je mehr Respekt und Anerkennung auch mir persönlich ggf.widerstrebender Positionen, desto weniger Lügen. Und umgekehrt, je weniger Respekt und Anerkennung, dest mehr Lügen.
Es ist also ein Wechselspiel zwischen der oder dem Erzählenden, seine Argumente Vorbringenden und der Zuhörerschaft. Und wenn dieses Wechselspiel von Respekt und Anerkennung geprägt ist, alleine schon aufmerksames Zuhören ohne abwehrende Körperhaltungen oder ähnliche Verhaltensweisen ist sehr viel Wert für die darlegende Seite, dann werden meine Gesprächspartner, ob kleines Kind, Mitarbeiter, Vorgesetzte, Bewerber, Mitglieder einer Institution ein draus sich ableitendes Vertrauen finden und umgekehrt.
Und nun gehen wir einmal etwas strenger in uns. Haben wir uns nicht alle schon dabei erwischt, enttarnt, erlebt, dass wir es in Sachen Respekt deutlich fehlen haben lassen?! Ich schicke dazu voraus, dass ich keine Bewertung vornehme, sondern ein Muster darstelle. Bitte vergesst das nicht bei der Lektüre. Also, ich persönlich habe dabei schon viele Fehler gemacht und muss mich auch im aktuellen Umfeld immer wieder selbst dazu anhalten, niemals eine offen vorgebrachte Meinung, eine Fantasiegeschichte schon im Keim zu ersticken. Ich muß mich auch immer wieder dazu anhalten, meinem Gegenüber ein offenes Ohr zu geben, also Zeit bereitzustellen. Das geht nicht immer und ich habe dafür aber dann auch die verbindliche Zusage, wenn gerade wirklich keine Zeit in meinem Umfeld vorhanden ist, dass wir einen gemeinsamen und dann auch verbindlichen TErmin vereinbaren, es sei denn „die Luft brennt“, dann muss ich versuchen, Prioritäten zu setzen.
Ich fasse zusammen.
Lügen und Flunkereien vergiften ganz eindeutig und nachweisbar das gemeinsame Handlungs-und Wirkungsumfeld.
Lügen und Flunkereien haben ihre Ursache sehr häufig in einer ganz natürlichen Sehnsucht nach Aufmerksamkeit und Geborgenheit.
Lügen und Flunkereien sind direkt und wechselseitig abhängig von Respekt und Anerkennung unter-und miteinander.